Die Ausstellung Cinema Paradiso von Frank Ahlgrimm nimmt in ihrem Titel Bezug auf den gleichnamigen Film von Guiseppe Tornatore aus dem Jahr 1988. (Originaltitel Nuovo Cinema Paradiso). Ein Filmregisseur kehrt aus Anlass des Todes eines alten Filmvorführers nach über 30 Jahren in sein sizilianisches Heimatdorf zurück. Erinnerungen an die Zeit, in der der jugendliche Protagonist dem erblindeten Vorführer beim Einlegen der Filmrollen helfen durfte, werden cineastisch inszeniert. Das alte Kino ist längst abgerissen, aber der väterliche Freund hinterlässt eine Filmrolle mit aneinander gereihten Kuss-Szenen, die er über die Jahre auf Geheiß des Dorfpfarrers aus den Filmen, die er vorführte, herausschneiden musste.  

Zu behaupten, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem oskargekrönten Film und den Arbeiten Frank Ahlgrimms bestünde, wäre allerdings ebenso abwegig wie explizit falsch. Dennoch zeigt Ahlgrimm durch die Anspielung auf den Film Parallelen zu seiner grundsätzlichen Vorgehensweise auf. Er begreift den Film, ebenso wie seine eigenen Bilder und Zeichnungen, als Projektionsfläche unterschiedlichster Möglichkeiten. So, wie der Regisseur einen Film inszeniert, inszeniert auch Ahlgrimm seine Malerei. Beide schöpfen aus den Möglichkeiten unterschiedlichster (Erzähl)-Formen und bringen sie neu auf der Leinwand zusammen. Was für den Filmregisseur Dramaturgie, Schauspieler und Kulisse sind, sind für Ahlgrimm Komposition, Farbe und Form. Bilder aus Magazinen, der Werbung, dem Fernsehen aber auch von anderen Künstlern werden aufgegriffen, auf der Leinwand neu „gesampelt“, malerisch inszeniert und dadurch neu kontextualisiert. 

Das Magazin film-dienst schreibt in seinem Online-Portal cinomat über Nuovo Cinema Paradiso: „ Ein nostalgisch gefärbter Film, der die Geschichte des Kinos als Erlebnisort und Hort der Träume ebenso erzählt wie die fragmentarische Geschichte Siziliens“. Vernachlässigt man die Nostalgie, die sicherlich nicht zu den Attributen zählt, die auf Frank Ahlgrimms Malereien zutreffen, und ersetzt die Worte Film, Kino sowie Sizilien durch Bilder, Kunst und Malerei, würde es sehr zutreffend heißen: „ Bilder, die die Geschichte der Kunst als Erlebnisort und Hort der Träume ebenso erzählen wie die fragmentarische Geschichte der Malerei“. Und so, wie Giuseppe Tornatore die Sentimentalitäten in Nuovo Cinema Paradiso stets durch feinen Humor, leise Ironie und pointierten Witz bricht, agiert Frank Ahlgrimm auch in der Inszenierung seiner Malerei. 

Die Einladungskarte zur Ausstellung ist übrigens Teil einer Serie von Ausstellungseinladungen mit Selbstportraits von Frank Ahlgrimm. Sie zeigt den Künstler, wie er im Kino sitzend gebannt und auch etwas erstaunt auf die Leinwand blickt und dabei sein Umfeld scheinbar völlig vergisst. Paradigmatisch für Ahlgrimms Arbeit ist hier, wie der vermeintliche Hauptschauplatz bei näherer Betrachtung schnell zum Nebenschauplatz werden kann. Nicht das Tun seiner weiblichen Begleitung, auf der kompositorisch das Hauptaugenmerk liegt, scheint dem Künstler wichtig zu sein, sondern vielmehr das Geschehen auf der Kinoleinwand zieht ihn in seinen Bann.